Die Schönheit Mozart'scher Opernarien
Es muss wohl Anfang der 1970er Jahre gewesen sein, als ein 10jähriger Bub, nennen wir ihn Holger, erstmals im Unterricht Musik von Karlheinz Stockhausen hörte. Es war der "Gesang der Jünglinge im Feuerofen" (entstanden um 1955). Die Reaktionen in der Schulklasse können Sie sich vorstellen: tuscheln, kichern, Ratlosigkeit. Einige meinten: das ist doch keine Musik, wie hässlich ist das denn! Andere ließen sich vom irisierenden Flirren der elektronisch bearbeiteten Knabenstimmen einfangen, waren berührt, entdeckten Schönes.
Wir alle kennen die Redewendung "Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters". Diese Worte des antiken Historikers Thukydides prägen bis heute unsere Auffassung von Schönheit als Ausdruck des subjektiven Geschmacks. Dieser Betrachtungsweise kann jedoch das Beispiel der häufig als hässlich empfundenen Schmetterlingsraupe gegenüber gestellt werden. Deren wahre Schönheit wird uns erst nach einem biologischen Verwandlungsprozess sichtbar. Auch in der Kunst- und Musikgeschichte lehren uns große Meister ihre künstlerischen Bauprinzipien von Proportionalität, Harmonie und Symmetrie. So weisen in der Renaissance die Bildkompositionen Leonardo da Vincis den "Goldenen Schnitt" auf. Seine weltberühmte Mona Lisa ist auf der Fläche des Goldenen Dreiecks aufgebaut. Aber auch Tempelbauten der Antike wie der 450 v.Chr. in Athen erbaute Parthenon entsprechen dem gleichen Kompositionsprinzip.
In meinem ureigensten Interessensgebiet der Musik und Musikgeschichte könnte ich viele Beispiele für handwerkliche und künstlerische Meisterschaften nennen. So bewunderte einer der großen Pianisten des 20. Jahrhunderts, Glen Gould, die harmonische und kontrapunktische Kühnheit in Johann Sebastian Bachs Zyklus "Die Kunst der Fuge", die ihn mitunter an Richard Wagner erinnerte und in der er Bezüge zur Atonalität des frühen Arnold Schönberg erkannte. Ich liebe die Kunstfertigkeit und Schönheit Mozart´scher Opernarien ebenso wie die improvisatorische Expressivität des Saxophonisten John Coltrane. Dessen Innovationen und inspiriertes Spiel beeinflusste die Jazzwelt ebenso nachhaltig wie Wolfgang Amadeus Mozart zu Recht als unübertroffenes Genie gilt.
Diese Liebe zur Musik aller Genres und die Suche nach Qualität ist meine Motivation, Besucherinnen und Besuchern des Carinthischen Sommers spannende, abwechslungsreiche, ja "schöne" Festivalprogramme anzubieten. Und wenn Sie Ihren Urlaub im Mountain Resort mit Blick auf die schöne Kärntner Seenlandschaft genießen und dabei die Kraft des Feuerbergs erspüren, macht das vielleicht auch Lust auf die kulturelle Vielfalt Kärntens. Erleben Sie vom 10. Juli bis 29. August 2020 die Kirchen-Filmoper "Jeanne d’Arc" sowie hochkarätige Künstlerinnen und Künstler wie Martin Grubinger, Fazıl Say, Benjamin Schmid, den Tölzer Knabenchor oder das Orjazztra Vienna mit Christian Muthspiel.
Das Schöne soll uns miteinander verbinden!
Holger Bleck
Intendant des Musikfestivals „Carinthischen Sommer“
Veranstaltungshighlights Saison 2020
Freitag, 10. Juli 2020 um 19:30 Uhr
Alban Berg Konzertsaal Ossiach
Eröffnungskonzert und Festakt zur Eröffnung
Festredner: Konrad Paul Liessmann
Wiener Jeunesse Orchester
Martin Grubinger, Percussion
Christoph Ehrenfellner, Dirigent
Freitag, 24. Juli 2020 um 19:30 Uhr
Open-Air-Konzert in der Villacher Brauerei
Orjazztra Vienna mit Christian Muthspiel
Freitag, 31. Juli 2020 um 19:30 Uhr
Stiftshof Ossiach (bei schlechtem Wetter im Alban Berg Konzertsaal Ossiach)
Fazıl Say, Klavier
Donnerstag, 20. August 2020 um 19:30 Uhr
Congress Center Villach
Jeanne d’Arc
Kirchen-Filmoper nach Carl Theodor Dreyer von Johannes Kalitzke
Samstag, 29. August 2020 um 19:30 Uhr
Congress Center Villach
Beethoven: Sinfonie Nr. 9
Nika Gorič, Sopran
Katharina Magiera, Alt
Bernhard Berchtold, Tenor
Klemens Sander, Bass
Prisma Wien
Wiener Singakademie (Leitung: Heinz Ferlesch)
Thomas Fheodoroff, Dirigent